Kiefergelenkerkrankung

(Syn.: Kiefergelenksmyoarthropathie, CMD – craniomandibular disorders)

Der Begriff „Kiefergelenkserkrankungen“ steht für Funktionsstörungen, die den Komplex aus Kiefergelenk, Kaumuskulatur und Zahnsystem umfassen.

Am häufigsten treten Beschwerden auf, die durch muskuläre Verspannungen bzw. durch muskuläre Fehlbelastungen entstehen. Dabei spielt die Lagebeziehung der Kiefer untereinander bzw. der Zusammenbiss der Zähne (Okklusion) eine entscheidende Rolle. Liegen hier Abweichungen durch fehlende Zähne (besonders fehlende Abstützung im Seitenzahnbereich) oder Fehlbiss (s. Dysgnathie) vor, so kommt es zu Abweichungen der physiologischen harmonischen Kieferbewegungen und damit zu Fehlbelastungen der Muskulatur und der Kieferglenke. Verstärkt werden kann die Symptomatik durch psychische Faktoren (Stress) und allgemeine Haltungsschäden. Besonders Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule wirken sich sehr oft auf die Kaumuskulatur/Kiefergelenke aus. Auch Abnutzungserscheinungen im Kiefergelenk selbst (und seltener andere primäre Erkrankungen im Kiefergelenk) können ursächlich für Beschwerden sein.

Wichtigste Ursachen für Kiefergelenkserkrankungen
  • arthrogen (gelenkbedingt)
  • myogen (muskelbedingt), psychogen, haltungsbedingt
  • dentogen (zahnbedingt), okklusionsbedingt

Die Symptomatik kann sehr vielgestaltig sein. Sehr oft werden Schmerzen auftreten, die im Bereich der Muskulatur (Wange, Schläfe, Hals) lokalisiert sind; auch tiefer gelegene Muskulatur kann Schmerzen verursachen, die dann relativ undifferenzierbar in den Oberkiefer projeziert werden. Es können aber auch Schmerzen direkt im Kiefergelenk (vom Ohr bzw. in das Ohr ausstrahlend) bestehen. Durch die Beschwerden kann es zu erheblichen Einschränkungen der Mundöffnung und zu Behinderung des Kauvermögens kommen. Bei vielen Patienten liegt auch ein Knacken im Kiefergelenk vor, das durch Lockerung innerer Gelenkstrukturen – insbesondere der Gelenkscheibe („Diskusluxation“) - entsteht. Immer wieder wird auch ein Tinnitus beschrieben, dessen Zusammenhang mit Kiefergelenkspathologien aber wissenschaftlich nicht sicher ist.

Wichtigste Symptomatik bei Kiefergelenkserkrankungen
  • Gelenkschmerz (wird oft als Ohrenschmerzen empfunden)
  • Muskelschmerz/Gesichtsschmerz
  • Mundöffnungsbehinderung
  • Gelenkknacken
  • sekundär Auswirkung auf Körperhaltung und allgemeines Muskel-Skelett-System

Die Therapie richtet sich nach den zugrunde liegenden Ursachen. Wenn Sie zu uns in die Praxis kommen, werden wir zunächst in einem ausführlichen Gespräch und einer Untersuchung die bei Ihnen vorherrschenden Ursachen und Symptome bestimmen. Oft ist eine röntgenologische Diagnostik, manchmal auch eine MRT oder ein CT, nötig. Ziel der Behandlung ist die Beseitigung von Schmerzen und die Wiederherstellung einer ordentlichen Mundöffnung, aber auch die Schaffung einer guten Okklusion (Beseitigung von Frühkontakten, prothetische Versorgung, ggf. kieferorthopädische Behandlung). Dazu stehen verschiedene Möglichkeiten und Ansatzpunkte zur Verfügung, die wir mit Ihnen besprechen werden. Besonders bei schon länger bestehenden Schmerzen bzw. Verspannungen kann eine derartige Therapie recht langwierig sein.

Wichtigste Therapiemöglichkeiten bei Kiefergelenkserkrankungen
  • Schienentherapie
  • Physiotherapie, Übungsbehandlung
  • Entspannungsverfahren, Stressabbau
  • Injektionstherapie
  • medikamentöse Therapie
  • kieferorthopädische Therapie (ggf. auch kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgisch)
  • operative Therapiemöglichkeiten

Eine operative Therapie muss in der Regel stationär erfolgen. Diese Behandlungen führen wir deshalb auf unserer Belegstation im Klinikum St. Georg durch. Eine OP wird allerdings nur sehr selten erforderlich sein. Gründe für eine operative Therapie können Neubildungen im Kiefergelenk, Verwachsungen (Ankylose), sehr häufig wiederkehrende Kiefergelenksluxationen wie auch erfolglose konservative Therapie anderer Kiefergelenkserkrankungen sein.